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#optimieren

18. Juli 2024 Lea-Maria Kneisel

How to sell yourself?

“I am originally from Hungary but based in New York and mostly working between Amsterdam, Berlin and Brussels.

As a freelancer dancer, fine artist, but sort of an interdisciplinary artist, choreographer, performer, stage designer, light designer, media designer, person in charge of the scenography and the costumes, working with fine arts and cinema, sometimes painting about it - I’m immensely interested in creation.

I have a strong background in ballet, hungarian folk dance, modern dance, urban, butoh, urban butoh, floorwork, shiatsu, capoeira, modern running, folk yoga, somatic disco, radical stretching, …”

Das, was wie der unglaubliche Lebenslauf eines Tausendsassas klingt, ist eine der zahlreichen Biografien von Fake-Künstler*innen, die Julcsi Vavra aus Ungarn in ihrer künstlerischen Arbeit kreiert. Mit jenen fiktiven Charakteren, die scheinbar alles können, in allem ausgebildet wurden und auf der ganzen Welt wirken und zuhause sind, persifliert die ungarische Künstlerin die zunehmenden Selbstvermarktungsstrategien von Künstler*innen, die notwendig geworden sind, um von ihrer Kunst leben zu können. Die Problematik, die sich hierbei eröffnet, beschreibt Julcsi als absurd bis bizarr: „Wie man sich selbst verkaufen muss, seine Idee verkaufen muss und wie man Anträge schreiben muss, bevor man überhaupt etwas gemacht hat, ist absurd. Ich weiß, dass es so funktioniert, aber es ist auch absolut bizarr, wenn man es von außen betrachtet."

„Wie man sich selbst verkaufen muss, seine Idee verkaufen muss und wie man Anträge schreiben muss, bevor man überhaupt etwas gemacht hat, ist absurd."

#residenz

Vavra, die im Rahmen von Life Long Burning eine zweiwöchige Residenz an den Uferstudios verbringt, möchte mit ihrem Wirken Kritik am kommerzialisierten Kunstsystem ausüben. Immer wieder fragt sie sich hierbei jedoch auch: Wer kriegt Fördergelder? Und warum? Mit Bewerbungen für fiktive Projekte, die so aufwendig wirken, dass sie im starken Kontrast zu jenen knappen Fördersummen stehen, die in Zeiten von gekürzten Kulturhaushalten mehr und mehr Einschränkungen mit sich bringen, spitzt sie das Problem, mit dem die Szene konfrontiert ist, auf humoristische Weise zu.

Dass die Förderthematik nicht nur hierzulande, sondern insbesondere in Ungarn aktuell eine große Problematik für praktizierende Künstler*innen darstellt, liegt dort nicht zuletzt an Viktor Orbáns nationalistischer Regierung, die seit einigen Jahren Kulturförderung vermehrt an solche Projekte und Künstler*innen vergibt, die traditionell-binäre Rollenbilder propagieren und betont maskuline Folklore und Sportarten in den Vordergrund rücken. Geld für die freie Szene gibt es kaum mehr, dafür aber für die Errichtung zahlreicher Fußballstadien.

#fördern

Während ihrer Zeit in den Uferstudios will Julcsi daher neben der Entwicklung weiterer Fake-Künstler*innen auch die Mechanismen und Finanzierungsstrategien Berliner Solo-Künstler*innen erforschen. Sie möchte unabhängige, kommunale (Underground-)Kunsträume kennenlernen. Die Akteur*innen, die ihr in dieser Zeit begegnen, könnten auch als Inspirationen für Masken dienen, die Julcsi anfertigt, um Archetypen, die sie in der Berliner Szene sieht, zu portraitieren. Eine der Inspirationen für diese Masken könnte der in Berlin lebende Choreograf James Batchelor sein, der im Rahmen von Life Long Burning Julcsis Austauschpartner ist und sie vor Ort in ihrer Recherche unterstützt, bevor er selbst im Herbst zu Gast in der Workshop Foundation Budapest sein wird. „Es ist gut, dass James da ist, so war der Start hier schonmal etwas leichter, da er mir gute Tipps geben konnte und ich nicht von Null gestartet bin.“

Durch den Besuch zahlreicher Performances und der Recherche nach Underground-Orten in Berlin möchte sie ebenso die Szene selbst sowie ihre Thematiken kennenlernen. „Letztlich geht es bei diesem Aufenthalt nicht nur um persönliches Wachstum, sondern auch darum, weiterreichende Zusammenhänge zu verstehen. Indem ich in die Berliner Szene eintauche, hoffe ich, hier einige Beispiele zu finden oder zu lernen, wie man das System austricksen und in die Falle locken oder unabhängigere und gemeinschaftliche Räume schaffen kann. Etwas Abstand von Ungarn zu haben, schafft frische Luft und hilft mir, die Situation dort zu überblicken und hoffentlich eine neue Richtung zu finden, die ich als nächstes einschlagen möchte."

Julcsi Vavra war vom 10. bis 21. Juni 2024 im Rahmen des Life Long Burning-Moduls "Artistic Exchange Residencies" in den Uferstudios. Die "Artistic Exchange Residencies" haben zum Ziel, künstlerisches Schaffen zu fördern, indem den Residenzkünstler*innen Aufenthaltsmöglichkeiten bei europäischen Netzwerkpartern dargeboten werden, mit dem Ziel, den europäischen und internationalen Austausch, die Vernetzung und den Aufbau von Kapazitäten zu fördern. In diesem Jahr findet das Modul als enger Austausch zwischen zwei Künstler*innen statt. Julcsi Vavra wurde von der Workshop Foundation Budapest nach Berlin entsandt.

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